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Liebe Freunde,

weil er sonst nirgendwo unterkommt, schläft Herr C. im Bastelraum unserer Jesuitenpfarrkirche. Herr C.: verwirrt, ohne Obdach, oft in abenteuerlichem Aufzug, Stoppelbart, Hut und nicht immer in sauberen Kleidern. Gerade wurde unser Ordenshaus renoviert und es ist fast noch zu schön, um darin zu wohnen. So bekamen meine Mitbrüder und ich neulich einen Schrecken, als unverhofft Herr C. im 2. Stock mit dem Kopf durch die Tür schaute und uns erinnerte, dass er in den Bastelraum zum Schlafen wollte.

Wir kennen die Geschichte vom armen Lazarus vor der Tür des reichen Mannes (Lukas, Kapitel 16, Verse 19 - 31). Jahrein und jahraus lag Lazarus dort krank und verarmt vor der Tür des Reichen, der ihn nicht zu beachten schien und sich von der Not des Lazarus nicht anrühren ließ.

Was nun? Ja, was nun, wenn der Lazarus und seine Schwestern und Brüder nicht mehr "brav" an der Türschwelle zum Haus liegen bleiben, sondern einfach hinein gehen? Wenn plötzlich der Kopf des Lazarus in der Tür erscheint und er uns zur Rede stellt? Oder die verbarrikadierte Tür kurzerhand aufbricht? Was dann? Bei so einem "unverschämten" (?) Handeln fährt uns der Schreck in die Knochen! Ist das nicht "unerhört", im wahrsten Sinne des Wortes?

Mein Weihnachtsbild in diesem Jahr 2007 scheint befremdlich. Ein Kind, nackt, (oder ist es doch ein Mann?), schwarz, mit einem Bischofsstab in der Hand, vor einem Sternenuniversum und umschlossen von Fluten und Wasser in harmonischem Ring. Soll das ein Weihnachtsbild sein? Ja! Vielleicht will 2007 Jesus Christus, unser menschgewordener Gott, dass wir ihn erkennen in den afrikanischen Bootsflüchtlingen, die vor Elend, Not, Hunger, endlosen Kriegen, mangelnder ärztlicher Versorgung, Armut, Missernten und Ausbeutung fliehen ----- und darin vor den kanarischen Inseln, Malta, Griechenland, Spanien und Italien, also vor unsere europäischen "Haustüre", an Land geschwemmt werden, erschöpft, verfroren und manchmal gar tot und aufgedunsen.

Sie haben alles auf eine Karte gesetzt, nichts kann so schlimm sein wie die Situation, aus der sie kommen.

Sie sind die Armen, zweifellos. Andere, Wenige, beuten den rohstoffreichen afrikanischen Kontinent für sich aus; oft mit der Unterstützung westlicher oder östlicher Länder. Kleine, korrupte Cliquen bereichern sich selbst ----- und vergessen die Armen.

Die Flüchtlinge sind Menschen. "Illegal" halten sie sich dann oft in Europa auf; sie sind aber keine illegalen Menschen! Migration hat es immer gegeben. In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts wanderten meine Verwandten in die USA aus, weil die wirtschaftliche Situation in Deutschland schlecht war. Waren sie "Wirtschaftsflüchtlinge"??

Mein Weihnachten in diesen Jahr soll "schwarz" sein; das Schicksal dieser Menschen betrifft und bedrückt mich. In den Armen wird uns Christus geboren, er kommt in ihnen auf uns zu. Er ist auch Herr unseres Lebens, er hütet die Menschheit, er ist der große Hirte. Darum der Bischofsstab, der Hirtenstab. Christus ist der Herr des Universums, Sterne bekränzen ihn; er hält die Welt, unser Schicksal unser Leben in seiner Hand.

Er hat uns aus dein Nichts geschaffen; Wasser und Mineralien machen unseren Leib aus und vieles in der Schöpfung selber. Das Leben ist so flüssig und zerbrechlich zugleich. Aber wir haben den guten Hirten, der uns leitet und führt, dorthin, wo lebendiges Wasser fließt und wir gut sein können. Vergessen wir das Elend der Bootsflüchtlinge nicht; fast möchte ich Ihnen "schwarze" Weihnachten wünschen -Sie wissen, wie ich das meine-.

Herzlich Ihnen und Ihrer Familie den Segen der Heiligen Nacht, den Segen des Menschgewordenen Gottes!

Pater Wolf Zanorashe Schmidt S. J.

Frankfurt, Weihnachten 2007