Die eine Kirche Jesu Christi

Predigt, 7. Sonntag der Osterzeit, Evangelium: Johannes 17, 20 - 26

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Marienkirche in Torshavn, Färöer

Jesus geht zum Vater. Er hört dann nicht auf zu existieren, nein, er lebt.
Die Art, wie Gott bei uns ist, bei seinem heiligen Volk, ist der Heilige Geist.
Der Geist ist das dynamische Prinzip in der gesamten Schöpfung;
und dann, in besonderer Weise: das Lebensprinzip, die treibende Kraft der Kirche.
Dieser heilige Geist, der Jesus von den Toten auferweckt hat,
ist unsterblich, er "weht, wo er will" und er ist unbesiegbar.
Nichts und niemand kann ihn hindern, die Schöpfung Gottes voranzutreiben
auf jenen finalen Punkt hin, den wir die "Wiederkunft Christi", das "neue Jerusalem" nennen.

Brüder und Schwestern,

wie wehmütig, beschämt (und zornig?) müßten wir werden,
immer vorausgesetzt, wir lieben die Kirche wirklich,
wenn Jesus diese Worte des Evangeliums zu uns spricht, die wir gerade gehört haben:

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"... denn sie sollen eins sein,
wie wir eins sind,
ich in ihnen
und du in mir.
So sollen sie vollendet sein in der Einheit,
damit die Welt erkennt, dass Du mich gesandt hast,
und dass Du die meinen ebenso geliebt hast
wie mich."
Mit anderen Worten:
Jesus Christus macht den Erfolg seines weiteren Wirkens von unserem Tun abhängig.
Die Welt wird nur in der Lage sein, Jesus Christus anzuerkennen,
wenn das Zeugnis der Christen diese Einheit, widerspiegelt.

Diese Einheit, die es seit Ewigkeit in Gott schon wie selbstverständlich gibt
(wir nennen das Dreifaltigkeit).


Ohne geeinte Christenheit: keine Glaub-würdigkeit.
Keine Kraft. Keine Überzeugungskraft.

An der apostolischen Kirche, damals, in Jerusalem,
konnten die Menschen diese Einheit erkennen;
sie "lasen sie ab".
das machte das Christsein für andere attraktiv:
"seht, wie sie einander lieben"
sie verharrten einmütig im Tempel und priesen Gott
und hielten Mahlgemeinschaft miteinander,
und die kleine Gemeinschaft, die Kirche, wuchs
und wuchs und wuchs.
So heißt es in der Apostelgeschichte. Lesen Sie es nach, am Ende des Kapitels 2.

Christsein war faszinierend. Christsein hatte eine Kraft.
Natürlich, die "Kraft aus der Höhe", der Heilige Geist -
aber doch wohl auch die Kraft der tätigen Nächstenliebe aller Christen:
"seht, wie sie einander lieben"
so heißt es in der Apostelgeschichte.
Und zwar sagen das Außenstehende über die Christen, über die Gemeinde, über die junge Kirche.

I. Seit fast 2000 Jahren besteht die "Kirche Jesu Christi"
Die Kirche Jesu Christi -so sagt das Konzil- beinhaltet auch die Katholische Kirche.
Das ist aber bei weitem nicht alles.
Andere christliche Kirchen haben Anteil an dieser "Kirche Jesu Christi"
Es ist unsere Schuld, die Schuld der Christen, dass es keine größere Einheit mehr gibt.
1054 zerbrach die Kirche Jesu Christi so, wie das römische Reich zerbrach:
in ein Westreich und in ein Ostreich.
Aus der einen Kirche wurde das Römische Patriarchat und das östliche Patriarchat,
Westkirche und Ostkirche, Rom und Konstantinopel, die Katholiken und die Orthodoxen Christen.

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Mit den orthodoxen Christen
und den orientalischen kleinen Kirchen
verbindet uns immerhin der gemeinsame Glaube
und wir haben gegenseitige Tischgemeinschaft.
Wir essen von dem einen heiligen Brot.
Wir haben gemeinsam die 7 Sakramente:
Taufe, Firmung, Kommunion, Beichte, Ehe, Priestertum und Krankensalbung.
(Ich nenne sie mal alle sieben, im Falle, wir haben das ein bisschen vergessen.)

Ganz selten nur werden orthodoxe Christen uns nicht zu den Sakramenten zulassen,
uns Katholiken, uns Westkirchler,
weil wir ihnen nicht ganz "orthodox" erscheinen, nicht so ganz rechtgläubig sind.
In Griechenland, auf dem Berg Athos, in der Mönchsrepublik ist das leider so, zum Beispiel.

Ansonsten kann jeder Orthodoxe die katholischen Sakramente mitempfangen
(eigentlich sollte ich sagen, die westlichen, römischen Sakramente)
und wir römischen, westlichen Christen können in der Regel bei den Orthodoxen die Sakramente empfangen,
bei den Russen und Griechen und den vielen anderen östlichen orthodoxen Kirchen.

Römische und orthodoxe Christen und Kirchen sagen zu vollem Recht und bekennen,
dass sie beide "katholisch" sind.
Katholisch heißt: weltweit. Nicht national.
Nicht auf eine Nation oder einen Kontinent beschränkt.

II. Leider zerriß das Tischtuch,
die Mahlgemeinschaft in der Zeit der Reformation.

Sehr schade.

Die Forderungen der Reformatoren Luther, Calvin und Zwingli

(Also: die evangelische Kirche:
"die sich mehr am Evangelium ausrichtet" und nicht an geschichtlichen Formen! und reformierte Kirchen: die sagten: "wir sind "reformiert!"
wir sind immerhin erneuert am Evangelium,)

Die Forderungen der Reformatoren waren:

  • die Liturgie in der Muttersprache, Deutsch statt Latein
  • das allgemeine Priestertum der Gläubigen (alle Gefirmten, Konfirmierten haben die Aufgabe, aktiv Christsein zu leben + zu bezeugen
  • und Kommunion unter beiderlei Gestalten (der Kelch für alle; "nehmt und trinkt alle davon, das ist mein Blut" meinen wir das? Befolgen wir die Worte Jesu?

Diese 3 Hauptforderungen
hat 400 Jahre später dann das 2. Vatikanische Konzil erfüllt.

Ja, und jetzt?

Wie soll es denn jetzt weitergehen?

Nur 2 Parteien am gemeinsamen Tisch,
die anderen, die mit der Hochachtung vor der Bibel, "außen vor?"

Haben die, die das Wort Gottes so schätzen,
dass sie darüber die Sakramente etwas vergessen haben,
den anderen 2 Parteiein, vielleicht etwas anzubieten, etwas, das reformiert,
das erneuert??

Sind wir nicht alle ein Geschenk füreinander?

Warum kleben wir auf unseren Stühlen? Warum bewegt sich nichts?

"Bereitschaft zur Bewegung!" heißt das Motto im Bistum Limburg.
Bewegen müssen sich auch Bischöfe und Theologen,
selbst der Papst und seine Kardinäle!

Das letzte Wort hat Jesus Christus, unser Herr.
Er wird noch einmal frisch seinen Geist senden.
Nicht nur, aber auch, an Pfingsten.
Brüder und Schwestern: freuen wir uns darauf.

Eine Krise hat auch immer etwas Gutes, Neues, Frisches. Amen.

Das letzte Wort hat Jesus:
"... denn sie sollen eins sein,
wie wir eins sind,
ich in ihnen
und du in mir.
So sollen sie vollendet sein in der Einheit,
damit die Welt erkennt, dass Du mich gesandt hast,
und dass Du die meinen ebenso geliebt hast
wie mich."

Wolf Z. Schmidt S. J.